Der Levthan-Tempel lag verlassen da. Von dem ehemaligen Doppeltor waren nur noch die verrosteten Beschläge geblieben. Das dunkle Innere sah jetzt nicht einladend aus. Feuchter Modergeruch drang daraus hervor. Iphemia und Assaban, sowie ein paar Leibwächter in nicht mehr ganz glänzendem Spiegelpanzer, standen beratschlagend davor. Iphemia, deren Pantoffel und Unterschenkel bis zum Knie dreckverschmiert waren, war von der Unternehmung nicht mehr ganz so begeistert. Und das ließ sie den Rahja-Geweihten auch spüren. Ihre Erwartung auf die ewige Jugend ließen sie aber auch solche unangenehmen Opfer bringen. Als die Helden am Haupteingang eingetroffen waren, rief sie ihren Leibwächtern zu, dass sie Fackeln holen sollten. Vero Nauta lächelte ihr freundlich zu, schnippte mit den Fingern und auf seinem Stab erschien eine leuchtende Flamme. Mit einem strafenden Blick auf Assaban lief die Statthalterin den Helden hinterher. Im Innenraum hatten nur die Steinmöbel die Flut übersanden. Bei einer Absuche fanden die Helden einige goldene Kerzenhalter. Isha näherte sich dem Altar. Von dem Altartuch war nichts mehr geblieben. Die Monstranzen lagen verstreut auf dem schlammbedeckten Boden. Irgendwelche Anzeichen auf ein unheiliges Artefakt fanden sich nicht. Hier gab es nur Moder und Verfall. Deshalb verließen die Helden und Iphemia das Gebäude wieder.
Auf dem Vorplatz gab es eine kleine Absprache. Iphemia und Assaban entschieden sich für den Stadtpalast. Die Gruppe für den kleinen Quader mit Zwiebelturm. Der Weg führte wieder durch die Hauptstraßen. Der Quader stellte sich bei genauer Betrachtung als Würfel heraus. Seine helle Marmorhaut war zwar vom Schlamm leicht bedeckt, aber deutlich zu erkennen. Die Gruppe machte sich an die Reinigung der Wände und stieß auf Gravuren, die Aves zuzuordnen waren. Zwischen den abgebildeten Weinranken fanden sich auch flache Stellen, die wie Trittsteine angeordnet waren. Damit konnte man auf das Dach zum Zwiebelturm steigen, welcher von einer Galerie aus Blättern und Ranken umgeben war. Eine nähere Untersuchung des Turms, erbrachte, dass er auf einem schmalen Zylinder aufgesetzt war. Bei der Zwiebel handelte es sich um eine geschlossene Blüte. Den Strunk der Blätter bildeten die Rückseite von Menschen, welche mit dem Oberkörper im Blatt versunken waren. Nachdem der Zylinder vom Dreck befreit war, kamen die Worte „Nur wer bereit ist, Leben und eigenes Blut zu opfern, dem öffnet sich der Weg zum Gewand der Herrin“ hervor. Vero schaute gerade in die Stadt hinab und konnte feststellen, dass Iphemia erbost Assaban aus dem Stadtpalast schob. Als die Statthalterin mit ihrem Arm auf den Avestempel zeigte, war klar, dass man bald Besuch erhalten würde.
Isha nahm den Dolch von Khelbara entgegen und schnitt sich in den Finger, den sie dann gegen ein Blütenblatt drückte. Das Blatt sog das Lebensnass in sich auf, es zeigte sich sonst keine Veränderung. Mit einem Hinweis auf ihre Lehre in der Halle der Schmerzen, nahm sich Khelbara wieder ihren Dolch und schnitt sich in die Handfläche, welche sie dann ebenfalls an die Blüte hielt. Wieder tat sich nichts. Dann schlug sich die Magierin mit der Hand auf die Stirn, murmelte etwas von Belelkel und fasst an das Gesäß der versunkenen Gestalt. Dies schien nun Wirkung zu zeigen. Mit einem Rattern und dem Rieseln von brechendem Mörtel oder Schlamm öffnete sich die Blüte. Rasch kletterten die Helden hinein. Bis auf Vero Nauta, der stürzte und ich ein paar Hautabschürfungen zuzog. Der Blütenstempel war ein ca. 2 Schritt hoher Zylinder. In seiner Oberfläche war eine türförmige Öffnung, Wendeltreppen führten hinunter.
Die Helden ließen sich nicht zweimal bitten und stiegen hinunter. Auffällig war, dass hier der allgegenwärtige Schlamm fehlte. Man trat am Ende der Treppe auf einen Wandelgang, der sich mit seichtem Gefällen spiralförmig zum Boden drehte. Auf dem Boden zeigte sich ein weiterer Treppenschacht. Auf der Bodenplatte lagen mehrere Skelette. Auf dem Gangboden sah man mehrere edle Steine, welche mit einem Loch für eine Kettenschnur versehen waren. Auch die aufgestapelten Münzen zeigten die Opferbereitschaft der Reisenden. Rechterhand war das hohle Innere des Tempels, linkerhand befand sich die Wand. Die erste Tür führte zum Mechanismus der Blüte. Dann ging ein Gang ab, welcher zu einer Pflanzenkammer führte. Trotz der Dunkelheit hatten sich Blüten gebildet, welche von Bienen umflogen wurden. Die Rückseite des Raumes, hinter den Blütenkörben bildete ein Geflecht aus Ranken und Blättern. Die Hexe schaute sich das genauer an, peinlich darauf gedacht, die Rankenwand nicht zu berühren. Als sie dann die bröckeligen Reste eines Militärstiefels und einen mumifizierten Fuß darin sah, kehrte sie um.
Es ging weiter den Bogengang hinab. Die nächste Tür führte in eine Massenschlafkammer. Am Eingang saß eine mumifizierte Leiche. Als Isha die Tür öffnete, stand die Mumie mit glühenden Augen auf und fasste nach ihrem Khunchomer. Plötzlich hielt sie inne und setzte sich wieder hin. Isha trug irgendetwas an sich, was sie als legalen Bewohner auswies. Nach etwas Nachdenken kam sie darauf, dass es wohl ihr Fuchsamulett gewesen sein musste. Phex war ein Elternteil von Aves. Damit war dann auch klar, wer in Zukunft die Türen öffnen würde. Die nächsten Türen führten in einen Speisesaal, den Unterkünften der Priesterschaft und einem Konzert- oder Betraum. Dort stand eine mannshohe Harfe, die golden vor sich hin schimmerte. Isleif juckte es in den Fingern, aber man wollte schnell das Artefakt bergen. Die Gruppe kam schließlich am Boden an. Die Leichen waren bei einer Orgie gestört worden. Teilweise wurden wurden die Paare mit Schwertern an den Boden genagelt. Gerade als die Gruppe die zentrale Wendeltreppe nutzen wollte, erschien Iphemia mit ihrem Tross. Als sie die Helden auf dem Boden bemerkte, trieb sie ihre Helfer und Beschützer zur Eile an.
Der Abstieg in die Tiefe wird am 17.09.2024 erfolgen.